Wie überzeugt man Menschen vom E-Auto? Kantar Media, zeigt auf Basis aktueller Daten, welche rationalen und emotionalen Hebel wirklich wirken – und wie Kommunikation gezielt Vertrauen in die Elektromobilität aufbaut.

Wie haben Sie es erlebt, als Sie zum ersten Mal ein E-Auto gefahren sind? Vielleicht war da erst Irritation – kein Geräusch, kein Schalten. Und dann Überraschung: wie direkt der Antrieb reagiert, wie leise das Fahrzeug gleitet. Diese neue Form der Mobilität fühlt sich anders an – und genau das macht sie erklärungsbedürftig. Denn selbst wenn das Fahrerlebnis überzeugt, bleibt die Entscheidung für ein E-Auto komplex.
Elektromobilität bezeichnet Fahrzeuge, die ganz oder teilweise durch elektrische Energie angetrieben werden (Electric Vehicle, kurz EV). Sie gelten als Hoffnungsträger im Kampf gegen den Klimawandel und als Vorboten nachhaltiger Mobilität. Doch jenseits politischer Absichtserklärungen zählt am Ende, was die Menschen bewegt – oder sie eben davon abhält, elektrisch zu fahren. Die vielzitierte Emotionalität von Konsumenten tritt beim Autokauf erstaunlich oft in den Hintergrund. Hier zählt Vernunft: Reichweite, Kosten, Ladezeiten, Verfügbarkeit – das sind die Kategorien, mit denen Käufer ihre Entscheidung begründen. Werbung für E-Autos muss deshalb liefern: Fakten, Argumente, rationale Erklärbarkeit.
Diese Erkenntnisse sind Resultat von Analysen, die mit der internationalen Markt-Media-Studie TGI möglich sind. Sie kann dank ihrer umfangreichen Liste abgefragter Zielgruppenmerkmale helfen, E-Auto-Besitzer und potenzielle Käufer besser zu verstehen. Mit über 10.000 Fällen allein in Deutschland erlaubt sie nicht nur Einblicke in Besitzverhältnisse, sondern auch in Mediennutzung, Lebensstil, Finanzverhalten und Werteorientierung.
Trotz wachsender öffentlicher Aufmerksamkeit bleibt die Elektromobilität in Europa weiterhin ein Nischenmarkt. Nur 2 % der Pkw-Besitzer in Europa fahren derzeit ein Elektroauto. Zwar planen 28 % der Erwachsenen in den vier Kernmärkten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien) in den nächsten zwei Jahren den Kauf eines Autos, doch liegt die konkrete Kaufabsicht für ein E-Fahrzeug deutlich unter der für Verbrenner.
In Deutschland (41 %) ist die generelle Kaufabsicht überdurchschnittlich hoch. Auffällig ist dabei: Personen mit höherem Budget (über 30.000 €) sind signifikant häufiger an einem E-Auto interessiert (2,35-mal häufiger als der Durchschnitt). Diese Zielgruppe legt zudem größeren Wert auf Design (25 % mehr), Innovation (45 % mehr) und persönliche Identifikation mit dem Fahrzeug (36 % mehr).
Die Analyse zeigt außerdem, dass Leasingmodelle zur Förderung der E-Mobilität beitragen: 31 % der EV-Besitzer nutzen Leasing – deutlich mehr als bei anderen Antriebsarten. Dies unterstreicht die Bedeutung von Finanzierungsoptionen als Hebel für Marktwachstum. Demografisch sind insbesondere Babyboomer, Gen X sowie Familien mit schulpflichtigen Kindern am stärksten in der EV-Zielgruppe vertreten.
In Deutschland zeigen sich die Hürden für die breitere Akzeptanz von Elektrofahrzeugen weiterhin deutlich. Zwar erkennen viele Verbraucher die langfristig niedrigeren Betriebskosten von E-Autos an, dennoch bleiben Anschaffungspreis, Reichweite und Ladezeit zentrale Entscheidungsfaktoren. Über 55 % der Verbrenner-Besitzer nennen diese drei Punkte als wichtigste Kriterien beim hypothetischen Kauf eines E-Autos – trotz gegenteiliger Faktenlage bei den laufenden Kosten.

Darüber hinaus beeinflusst die wirtschaftliche Lage zunehmend das Kaufverhalten: 73 % aller E-Auto-Besitzer geben an, sich heute mehr Zeit für ihre Kaufentscheidung zu nehmen. Der Wegfall staatlicher Förderungen ist für 42 % ein entscheidendes Kriterium.
Diese Erkenntnisse sind essenziell für Hersteller und Werbetreibende: Wer Vertrauen schaffen will, muss die funktionalen Kernbedenken (Kosten, Reichweite, Ladeinfrastruktur) adressieren – und gleichzeitig mit Emotion, Technik und Alltagstauglichkeit punkten.
Drei strategische Tipps helfen dabei, E-Mobilität wirksam zu positionieren:
Erster Tipp: Vernunft verkaufen – nicht Visionen.
Die emotionale Erzählung über „die Zukunft der Mobilität“ allein reicht nicht mehr. Die Menschen wollen wissen: Wie weit komme ich wirklich? Wie teuer wird das Laden? Wie gut funktioniert das im Alltag? Genau hier liegt das Potenzial der Kommunikation: indem Werbung konkrete Antworten gibt – zu Reichweite, Betriebskosten, Ladeinfrastruktur oder Serviceangebot. Fakten schaffen Vertrauen, gerade in einem Markt, der noch immer von Unsicherheiten geprägt ist.
Zweiter Tipp: Soziale Legitimation ermöglichen.
Ein E-Auto ist mehr als ein Fortbewegungsmittel – es ist ein Statement. Wer sich dafür entscheidet, will sich nicht rechtfertigen müssen. Werbung kann hier vorbauen, indem sie Gründe liefert, die im persönlichen Umfeld überzeugen: „Weil es leise ist“, „weil ich damit Kosten spare“, „weil ich damit unabhängig bleibe“. Diese Art der Argumentation hilft nicht nur dem potenziellen Käufer, sondern auch seinem sozialen Umfeld, die Entscheidung mitzutragen – ein oft unterschätzter Faktor.
Dritter Tipp: Medien gezielt nutzen – Qualität vor Lautstärke.
Potenzielle deutsche E-Auto-Käufer sind selektiv in ihrer Mediennutzung. Laut TGI-Daten zeigen sie eine hohe Affinität zu Printtiteln (z. B. Zeitungen: Index 152), Magazinen (Index 143) sowie Kino (127). Klassische TV-Formate oder Gaming-Plattformen sind hingegen unterdurchschnittlich relevant. Wer hier mitdenkt, plant Kampagnen nicht nur reichweitenstark, sondern wirksam. Empfehlenswert sind mediale Umfelder, die Substanz bieten: fundierter Journalismus, erklärende Inhalte, Erfahrungsberichte. Das erhöht die Aufmerksamkeit und die Glaubwürdigkeit.
E-Mobilitätskommunikation hat heute eine doppelte Aufgabe – sie muss technisch überzeugen und gesellschaftlich anschlussfähig sein. Wer rational kommuniziert, soziale Kontexte mitdenkt und auf die richtigen Kanäle setzt, wird die passenden Käufer erreichen.
Über den Beitrag:
Basierend auf unseren TGI Markt-Media Daten in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien, haben wir umfassend analysiert, wie Verbraucher zum Thema Elektro vs. Hybrid vs. Verbrenner stehen und welche Chancen sowie Herausforderungen sich für die Akteure in diesem dynamischen Sektor ergeben. Den kostenfreien Kurzbericht zum Download finden Sie hier.
Dieser Artikel erschien zudem als Gastbeitrag in der Horizont Onlineausgabe am 15.5.2025